Tipps der ganz besonderen Art für deine Stimme
Hier findest du für uns etwas ungewöhnliche Tipps für deine Stimme. Manchmal wird einem erst klar, was nicht so gut läuft, wenn man es mal etwas übertrieben und komplett schwarz gemalt vor sich sieht. Und was könnte für dich als Sängerin schlimmer sein als deine Stimme zu ruinieren? Wir kennen diese Angst von uns selbst und das Phänomen auch bei unseren Schüler:innen.
Ulla und ich schauen uns immer mal wieder Videos von Menschen an, die Versprechungen machen, wie du garantiert singen lernst. Und das in kürzester Zeit.
Wir sind beide seit über 30 Jahren im Geschäft, wie man so schön sagt. Und wir haben schon eine Menge Stimmen gehört und Sänger:innen gesehen. Wir hatten sehr viele Menschen im Privatunterricht und in unseren Kursen.
Und wir müssen gestehen, manchmal fiel und fällt es uns immer noch schwer, unsere Freundlichkeit aufrecht zu erhalten, da uns bei manchen Erzählungen die Kinnlade bis auf die Füße fällt. Und dann hilft manchmal nur eine gute Mischung aus Mitgefühl und ganz, ganz schwarzem Humor. Denn Wut ist an der Stelle für alle Seiten nicht wirklich hilfreich.
Voilá, hier ist der schwarze Humor.
Und zwar mit unseren besten Tipps, wie du deine Stimme garantiert ruinieren kannst.
Tipp 1: Belting aus Videos lernen
Suche dir ein Video im Internet, was dir verspricht, dass du die Belting Technik innerhalb dieses einen und vielleicht noch eines weiteren Videos meistern lernst. Besonders erfolgreich wirst du damit sein, wenn du vorher noch nie gesungen hast, gar nicht weißt, wie Körperhaltung und Atmung innerhalb des Singens geschieht. Belting am Anfang des Singens ist die schnellste Art, deine Stimme zu ruinieren.
Tipp 2: Suche eine/n Lehrer:in ohne Unterrichtserfahrung
Solltest du gemerkt haben, dass das mit dem Video nicht so gut funktioniert hat und du dich wahrscheinlich für zu blöd hältst, wäre der nächste Schritt, nach dem richtigen Lehrer oder der richtigen Lehrerin zu suchen. Du wirst einen guten Schritt vorwärts machen auf dem Weg, die eigene Stimme zu schädigen, wenn du dir jemanden suchst, der keine Unterrichtserfahrung und keine Ausbildung hat.
Wenn er oder sie sich das Singen durch reine Nachahmung beigebracht hat, dann kommt diese Person schon in die nähere Auswahl. Und wenn sie dir dann noch viel theoretisch erzählt, wen sie schon alles getroffen hat und immer wieder etwas vorsingt, was du nicht hinbekommst, deine Fragen nicht beantworten kann oder etwas sagt in der Art: du bist schon ganz nah dran, du musst nur einfach mehr stützen – und das ohne jede Erklärung … dann bist du wirklich schon ganz nah dran, deine Stimme auf Dauer zu schädigen.
Tipp 3: Kräftige deine Stimme durch permanentes lautes Singen
Singe immer so laut wie du nur kannst. Das kräftigt deine Stimmbänder und schließlich ist das druckvolle Singen in der Popularmusik genau der Sound, den alle hören möchten. Du hast zwar ein Mikrophon, aber das wäre doch gelacht, wenn du nicht trotzdem gegen eine E-Gitarre und ein Schlagzeug ankommen würdest.
Besonders wenn du in einer Band singst, brüll im Probenraum so laut du kannst, denn schließlich muss sich der Gitarrist ja auch hören und kann nicht leiser spielen, der arme Kerl und auch der Schlagzeuger kann schließlich nicht leise auf sein Drum-Set einprügeln. Wo bliebe denn da das authentische Gefühl?
Und natürlich gilt das gleiche, was für Schlagzeuger und E-Gitarren gültig ist auch für dich.
Tipp 4: Frauen aufgepasst, auf keinen Fall mit Kopfstimme singen!
Das ist ein spezieller Tipp für Frauen:
Lass dir auf alle Fälle von deiner Lehrerin oder vorzugsweise von deinem Lehrer verbieten in der so genannten Kopfstimme zu singen. Er weiß genau, wie die Musik zu klingen hat und Kopfstimme ist einfach nur ein säuselnder, kraftloser Klang, den niemand in der Rockmusik hören will. Stütze gefälligst richtig, gib alles, dann wird das schon klappen. Das ist übrigens ein unglaublich effektiver Weg, damit du deine Stimme auf Dauer garantiert komplett verlierst. Nur zu, Rockmusik ist nichts für Feiglinge.
Tipp 5: Lass dich fertig machen, das stärkt deine Motivation, so bleibst du wirklich dran
Suche dir jemanden, der dich im Unterricht immer wieder runter macht. Eine Person, die dir ständig erzählt, dass du einfach keine Technik hast, dass du nicht talentiert bist, dass es nicht gut klingt, die dich ständig nachäfft, wird dir am schnellsten den Spaß an deiner Stimme und dem Singen verleiden. Vielleicht ist das auch besser für dich, denn so wirst du einfach nur aufhören zu singen und kannst deine Stimme doch noch behalten. Jedenfalls für das Sprechen. Das ist doch ein guter Deal.
Kommen wir jetzt zu zwei gesangstechnischen Tipps, wenn du immer noch vorhast, das Singen zu lernen:
Tipp 6: Auf keinen Fall Kiefer öffnen
Öffne auf keinen Fall den Kiefer beim Singen. Hey, was beim Sprechen gut klappt, sollte doch auch für das Singen gelten. Du brauchst keine Kieferöffnung, denn im Sprechen bist du trotz minimalster Kieferöffnung zu verstehen, warum sollte es beim Singen anders sein? Durch die Zähne kommt doch auch Klang. Schließlich ist Singen nichts anderes als natürliches Sprechen auf Tonhöhe. Alles andere ist ohnehin künstlich und du möchtest doch ganz natürlich und voll authentisch rüber kommen.
Zusätzlicher Tipp: diese Herangehensweise, um deine Stimme zu ruinieren funktioniert besonders gut, wenn du das bei hohen und bei lauten Tönen anwendest.
Tipp 7: Einatmung vor dem Singen braucht kein Mensch
Ebenfalls ein No-go ist das Einatmen vor dem Singen. Du wirst merken, das ist komplett unnötig. Denn du hast immer noch genug Luft in den Lungen, das reicht auf alle Fälle. Und du möchtest dich doch auf keinen Fall völlig aufblasen wie einen Luftballon, das fühlt sich unangenehm an und erzeugt schließlich auch Druck, den du versuchst zu vermeiden.
Und du hast doch die Erfahrung gemacht, dass die Luft beim sprechen immer ausreicht. Das geht ganz natürlich und das muss niemand auf der Welt lernen, denn atmen können wir alle, das lernen wir schließlich schon als Babys.
Und wie geht es mir selbst beim Schreiben dieses Artikels, der die Dinge mal auf den Kopf stellt?
Ich kann merken, während ich das schreibe, wie meine Emotionen immer wieder wechseln. Mein Autonomes Nervensystem reagiert sofort. Und in diesem Fall fühlt sich das nicht wirklich angenehm an. Denn Vieles, worüber wir hier schreiben haben wir nicht nur bei unseren Schüler:innen gehört, sondern auch selbst erlebt.
Am Anfang fühlte ich noch eine diebische Freude, endlich mal vom Leder ziehen zu dürfen, ohne dass ich andere Lehrer:innen konkret angreifen muss. Denn in der Tiefe bin ich davon überzeugt, dass die große Mehrheit der Lehrer:innen und Coaches ihr Bestes geben möchte. Deshalb dachte ich, es würde mir gut tun, mir endlich mal den Frust von der Seele zu schreiben, was wir in all den Jahren schon an wirklich gruseligen Geschichten gehört haben.
Aber nach der diebischen Freude kamen dahinter die Tränen zum Vorschein. Denn eigentlich haben mich all diese Geschichten und Schicksale über die Jahre mehr als betroffen gemacht. Es ist so tragisch, Menschen zu treffen, die ihre Karriere oder ihren Herzenswunsch begraben mussten, weil sie an „Pädagog:innen“ geraten sind, die sich nicht die Mühe gemacht haben, ihren Beruf wirklich zu lernen und auf eine verantwortungsvolle Art und Weise mit ihren Schüler:innen wertschätzend umzugehen.
Die Worte Gesangslehrer:in und Vocal Coach sind nicht geschützt und werden einfach von jedem genutzt. Und selbst bestimmte Zertifikate, die man innerhalb eines Tageskurses erwerben kann sind keinerlei Qualitätsgarantie. Und woher soll eine junge Sängerin oder ein junger Sänger wissen, dass das, was ihnen erzählt wird, wirklich gut für sie ist? Denn natürlich muss man dran bleiben und am Anfang klappt nicht alles. Und der einzige Tipp, den ich momentan geben könnte wäre: höre auf dein Bauchgefühl. Wenn sich das Singen nicht gut anfühlt, du dich nicht verstanden fühlst suche weiter. Probiere verschiedene Lehrer:innen für dich aus. Hole dir Empfehlungen. Denn nicht die Lehrerin muss gut singen können, sondern ihre Schüler:innen sollten sich dort wohl fühlen, Fortschritte machen und gutes Feedback erhalten.
oh..mientras iba leyendo me iba poniendo más tensa enojada y con miedos.Definitivamente la alegría y la libertad de la curiosidad son los mejores aliados del cantante!!