Voice Experience Interview: Heute Ulla interviewt Hilkea.

Hilkea wollte eigentlich Gitarristin und gar nicht Sängerin werden

Herzlich willkommen zu einem besonderen Format. Wir fanden es ein spannendes Unternehmen, mal ein gegenseitiges Interview bei Voice Experience zu machen. Kann man wirklich noch etwas Neues über die andere erfahren, wenn man sich wie wir seit 1990 und kennt und seit 2009 zusammen arbeitet?

Wir haben es ursprünglich als Video gemacht, was du selbstverständlich auf YouTube auch anschauen kannst.

Wenn du die Themen wissen möchtest oder lieber liest, dann haben wir hier die wichtigsten Dinge für dich herausgeschrieben.

Wir haben einen kleinen Trailer gemacht, recht spontan. Live ist doch immer amüsant, wie wir finden. Also viel Spaß mit uns beiden.

Hilkea weiß noch nicht so richtig, welche Fragen ich ihr stellen werde. Also, bist du bereit? Ich bin ganz gespannt.

1. Was hat dich in deiner Kindheit dazu inspiriert, Sängerin zu werden?

In der Kindheit noch gar nichts. Ich habe viel gesungen, mein Vater hatte sich eine Gitarre gekauft, um mit uns Kindern zu singen. Ich habe am liebsten aus der Mundorgel diese blutrünstigen Lieder gesungen, “Wir lagen vor Madagaskar” und so. Auf Autofahrten haben wir immer gesungen. Ich hatte noch zwei Geschwister. Das war sicher, damit wir nicht herumkreischen.

In der 5. Klasse in der Schule habe ich dann vorgesungen – das machte man damals so und für mich war das gar kein Problem. Ich bin dann gefragt worden, ob ich in den Chor kommen möchte und ich wollte. Dort habe ich auch angefangen solistisch zu singen, Mozart Missa brevis. Aber da wollte ich immer noch nicht Sängerin werden, sondern wollte klassische Gitarre studieren. Glücklicherweise bin ich durch die Aufnahmeprüfung gefallen und da ich zu der Zeit dann mit Gesangsunterricht begonnen hatte, weil meine beste Freundin das machte, schwenkte ich dann auf Gesang um.

Im Gesangsunterricht habe ich gemerkt, wie glücklich mich Singen machte. Es war besser als jede Therapie. Das Atmen ging leichter und beim Vorsingen zitterten meine Hände auch nicht, wie beim Klavier und der Gitarre. Dort konnte ich nie die Musik so machen, wie ich es wollte, aber beim Singen ging das auf einmal. Damit war dann klar, ich werde Sängerin.

2. Warum hast du dich dafür entschieden, freiberuflich zu arbeiten?

Das war nicht wirklich freiwillig. Ich war fertig mit dem Studium, das Leid, was ich dort erlebte, möchte ich euch hier lieber ersparen. Ich hatte jedenfalls gegen Ende des Studiums die Rabine-Methode entdeckt und hatte endlich das Gefühl, dass ich nun singen lerne. Aber da war ich mit dem Studium schon zu Ende.

Und ganz ehrlich: es hat nicht gereicht für ein Festengagement an einem Opernhaus. Ich wollte entweder solistisch in einem mittleren Haus singen oder in einem guten Chor an einem großen Haus. Aber die Vorsingen haben nicht geklappt. Und ich habe gemerkt, diese Vorsingsituationen, die packe ich psychisch nicht.

Und zudem hatte ich schon immer total Lust zu unterrichten, das mache ich supergerne.

Und so machte ich sängerisch eigene Sachen, sang viel Kabarett Chanson, mit einer Pianistin, Friedrich Holländer, Lieder eines armen Mädchens sind mir wie auf den Leib geschrieben.

Die Musikschule war auch nicht wirklich mein Ding. Ich habe sehr gern Wochenendkurse gegeben und so war ich einfach irgendwann selbstständig.

3. Wie waren deine Erfahrungen als Sängerin unterwegs zu sein in einer Truppe?

Hilkea, du hast ja Operettentheater gemacht und hast bei den Gächingern gesungen.

Das war eine tolle Zeit. Ich habe damals alles am Opernhaus Hannover gemacht, was man machen konnte: Regieassistenz, Lichtinspizienz, Dramaturgie, Statisterie und Extra-Chor. Und abends war ich 3-4 mal die Woche in Oper und Schauspiel.

Operettentheater

Und in der Statisterie war ein Mädchen, deren Eltern sangen im Opernchor und die machten Operettentheater. Ich konnte singen, also sang ich dort im Chor mit. Und ich durfte ab und zu einspringen und habe z.B. mal die Manja in Gräfin Mariza gesungen. Oder auch die Baronin Adelaide im Vogelhändler. Die Nanetta im Wildschütz und einmal durfte ich sogar im ersten Akt Wildschütz die Gräfin machen. (ich liebe diese Rolle, ich bin so gern komisch auf der Bühne).

Im Zarewitsch hatte ich eine kleine Sprechrolle am Ende. Und in Wiener Blut habe ich sogar klassisch getanzt. Und nebenbei war ich noch für die Requisiten und die Beleuchtung zuständig. Da habe ich unglaublich viel gelernt in der Zeit.

Aber 50 Mal hintereinander Zarewitsch, das war kein Spaß.

Gächinger Kantorei

Die Gächinger Kantorei ist der Chor der Internationalen Bachakademie in Stuttgart. Dort habe ich zum Ende meines Studiums vorgesungen und bin dann immer nach Stuttgart gefahren. Es war für mich musikalisch großartig. Helmut Rilling sagte immer: mit Bach wird man geboren. Nö, ich nicht. Einmal habe ich in 3 Tagen die H-Moll Messe gelernt. Puh, nach der 1. Aufführung brauchten ich und meine Mitsängerin im Chor erst einmal ein Bier. Wir waren gut, aber die Konzentration war doch enorm hoch.

Einmal hatte ich das große Glück, unter Zubin Mehta zu singen. Ein toller Dirigent. Besonders die Probe mit dem Chor für die 2. Sinfonie von Mahler war beeindruckend.

Und ich bin zweimal mit dem Chor in Israel gewesen. Auch das waren großartige Erlebnisse. Besonders das Land hat mich tief beeindruckt. Bei den Gächingern habe ich tolle Leute kennen gelernt. Mit manchen bin ich heute immer noch im Austausch.

Ich liebe das Chorsingen sehr. Ich möchte so gern noch einmal Verdi Requiem singen. Ein so tolles Werk.

4. Was ist deine große Leidenschaft neben der Musik?

Tanzen. Und im Gegensatz zu dir tanze ich fast gar nicht mehr frei. Früher habe ich auch Jazz, Step (Fred Astaire war mein großes Vorbild), ein bisschen Flamenco und vor allem klassisch getanzt.

Jetzt mache ich Paartanz. Ich liebe Salsa, New York style und kubanisch. Aber vor allem hat es mir der Kizomba angetan. Ein Paartanz, wo es so viel um Herzberührung im Kontakt geht. Es gibt so viele Parellen zum Singen im Ensemble. Wer führt, wer folgt, wie ist das Miteinander? Und meine absolute Kizomba Tanzempfehlung ist Tony Gomes, bei dem ich auch schon Kurse gemacht habe. Wer in Stuttgart tanzen will, sollte dorthin gehen.

Ich habe übrigens einen Blogartikel über Kizomba und Singen und einen über Salsa und Koloraturen geschrieben.

Meine 2. große Leidenschaft neben der Musik ist das Schreiben. Ich habe schon immer geschrieben, aber nun schreibe ich mit Begeisterung Blogartikel in drei Blogs. Und ich schreibe ein Buch. Es ist fertig, allerdings nur die Rohfassung. Momentan bin ich in der Revisionsphase. Die ist sehr spannend, weil man nochmal durch alles durchgeht. Das Buch ist über die Stimme und das autonome Nervensystem.

Wer gern informiert werden möchte, kann sich bei mir für den Newsletter anmelden. Ich werde speziell für die Menschen, die sich für das Thema interessieren, immer mal wieder etwas über den Prozess und den Inhalt schreiben.

Mein Plan ist, dass das Buch nächstes Jahr rauskommt.

5. Was ist dein Wunsch für das kommende Jahr, beruflich und auch privat?

Wer hat keine Wünsche für das nächste Jahr, da kriege ich gleich etwas Pipi in den Augen. Ich möchte beruflich weiter gern die Arbeit machen, die ich mache. Ich gebe ja noch allein Kurse zum Thema Stimme und Nervensystem. Das möchte ich gern noch weiter entwickeln.

Und ich möchte mit dir und Voice Experience weiter gehen. Aber wohin wollen wir? Darauf bin ich ganz gespannt. Ich habe noch keine Idee, wohin es genau geht, aber es ist mir wichtig, diese Arbeit zu zweit.

Ich arbeite sehr viel, das bringt mich manchmal an den Rand. Ich bin zwar ein Powertyp, aber ein bisschen mehr in die Ruhe kommen, das wäre schön. Ich möchte wieder am Benediktushof meditieren. Ich bin dort sehr lange Schülerin von Willigis Jäger gewesen und nun von Fernand Braun.

Weiter tanzen will ich, aber es darf sich entspannen, es ist einfach gerade zu viel. Da kommen wieder die Tränen, das berührt mich.

Und ich wünsch mir wieder einen neuen Mann in meinem Leben, ich wünsche mir eine leichte Begegnung, die sich organisch ergibt. Die Internetsuche ist ja nicht meins.

6. Bist du eher ein Stadt- oder Landmensch?

Also ich bin in der Stadt aufgewachsen, aber ich fahre total gern in die Berge. In Lanzarote, wo wir gerade unsere Workation hatten (darüber gibt es auch Blogartikel aus Woche 1 und Woche 2), tat mir die Ruhe sehr gut. Das Rauschen des Meeres habe ich genossen.

Wenig akustischer input tut mir gut. Das wird in der Stadt schnell anstrengend. Es ist schön, dass ich dort im Urlaub hinfahren kann, denn Natur bringt mich runter. Die Berge, das Wandern, das Allgäu. Da wo einfach nur Vögel singen und die Bäume rauschen.

Aber ich glaube, das reicht mir, wenn ich da immer mal hinfahre und sonst in der Stadt sein kann.

7. Wie würdest du dich in 3 Worten beschreiben?

Was für eine Frage, ich würde sagen: powerful – empfindsam – optimistisch

Ulla meinte übrigens, sie sei last-minute kreativ. Es ist spannend, zu schauen, welche Eigenschaften man in sich selbst sieht. Wie ein Destillat. Das ist auch eine tolle Übung für das Erstellen einer Brand oder um Texte zu schreiben.

Ich kann am Ende nur sagen: Danke dir, Ulla für die schöne Frage.

Du möchtest uns in unserer Arbeit kennenlernen? Dann fang doch einfach mal mit unserem E-Book zum Thema Faszien und Stimme an. Da kannst du einen Einblick in die Art und Weise, wie wir arbeiten, bekommen.

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